Dr. Helmut Herbold (Dipl. Forstwirt, geb. 1959) ist als Schulungsleiter der Jagdschule Gut Grambow (MV) ständig mit dem Thema jagdliches Brauchtum in Berührung.
Fragen wir einen Jungjägerkurs-Teilnehmer worum es beim jagdlichen Brauchtum geht, dann kommt i.d.R. als Antwort „Jagdsprache“. Tatsächlich gehören viel mehr Punkte dazu, die im Alltag des Jägers wichtig sind. Insofern gibt es in den Grundzügen auch keine regionale Trennung, eher lokale Spezialitäten. Wenn wir das Wort Brauchtum einfach erklären möchten, dann geht es dabei um den sinnvollen Gebrauch bestimmter Dinge vor, während und nach der Jagd. Wer erfolgreich jagen möchte, braucht Hinweise eines erfahrenen Jägers. Bestimmte Jagdarten sind verschwunden (z.B. Lockjagd auf der den Ringeltauber im Frühjahr), andere wurden neu entwickelt (z.B. die Ansitzdrückjagd). Neue Bejagungsstrategien hingegen wie z.B. die Intervalljagd und die Schwerpunktbejagung sind zwischenzeitlich Bestandteil in der Ausbildung.
Warum soll ich nach Schuss noch 15 Minuten sitzen bleiben, wenn das Reh am Anschluss verendet ist? Wie wird sauber aufgebrochen? Wie transportiere ich den Fuchs zum Auto, wie den Frischling? Wie wird die Strecke gelegt? All dies wird dem Jungjäger erklärt. Beim „Streckelegen“ erlebt man in den letzten Jahren viele Veränderungen. Egal, wie Strecke gelegt wird: Wer diesen Brauch jedoch abschafft, verliert auch einen wesentlichen Teil der Jagd, nämlich die Jagd tiefer zu erleben. Bei den Brüchen werden in der Praxis eigentlich nur noch der Erlegerbruch, der Inbesitznahme-Bruch und der Letzte Bissen verwendet. Einen Anschussbruch z.B. wird man immer seltener finden, hier ist das Tempotaschentuch einfach zweckmäßiger. Jagdliches Brauchtum ist immer und stetig im Wandel, also nicht starr. Es ist wichtig zur Orientierung der Jäger und schafft einen Zusammengehörigkeit untereinander, fordert aber auch Toleranz. Übergeordnet ist dabei immer die Waidgerechtigkeit.